Pädagogische Fachkräfte, Betreuer*innen, Sporttrainer*innen, die haupt- oder nebenberuflich oder im Ehrenamt arbeiten, können wichtige Ansprechpersonen für betroffene Mädchen sein.
Wenn Sie von sexualisierter Gewalt erfahren benötigen Sie vielleicht selbst Entlastung und fachliche Unterstützung. Zögern Sie deshalb nicht mit uns Kontakt aufzunehmen, auch anonym.
- Wichtig zu wissen
- Angebote für Fachkräfte
- Umgang mit Vermutungen
- Fortbildungen
- Strafanzeige? Ja oder Nein?
Wichtig zu wissen, wenn es um sexuellen Missbrauch geht…
Jede sexuelle Handlung, die an oder vor einem Kind vorgenommen wird, oder der das Kind aufgrund seines körperlichen, psychischen, kognitiven und sprachlichen Entwicklungsstandes nicht wissentlich, frei und informiert zustimmen kann, ist sexueller Missbrauch.
Ein Erwachsener oder Jugendlicher benutzt seine Autorität und seine körperliche und kognitive Überlegenheit sowie die Unwissenheit, das Vertrauen oder die Abhängigkeit des Kindes zur Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse und/oder zur Machtausübung.
Sexuelle Gewalt findet meist in der Familie, im Bekanntenkreis oder im nahen Umfeld (z.B. Kindergarten und Schule) statt. Betroffen sind Kinder und Jugendliche aller sozialen Schichten. Dabei sind Mädchen deutlich häufiger betroffen. Sexueller Missbrauch ist kein Zufall, sondern immer Absicht und geplant. Die Grenze zwischen kindgerechter Zärtlichkeit und Missbrauch ist nicht fließend.
Manchmal wird Gewalt angewendet. Oft wird aber das Vertrauen des Kindes über Geschenke, Zuneigung, Aufmerksamkeit, Bevorzugung usw. gewonnen, um es dann sexuell zu missbrauchen. Oft finden sexuelle Übergriffe durch eine vertraute Person über lange Zeiträume statt (Monate oder Jahre).
Die Täter sind in den meisten Fällen Männer, selten auch Frauen, und kommen aus allen sozialen Schichten.
Oft wird dem Kind ein Redeverbot auferlegt, unter Umständen mit massiven Drohungen.
Sexueller Missbrauch umfasst ein großes Spektrum unterschiedlicher Handlungen: Obszöne Redensarten, Bad oder Toilette nicht verschließen dürfen, sich ausziehen müssen, angefasst werden, gezwungen werden den Täter anzufassen, ihn/sie nackt ansehen oder bei sexuellen Handlungen zuschauen müssen, pornografisches Material anschauen müssen oder zu dessen Herstellung benutzt werden, im Intimbereich berührt oder zu oralem, analem oder vaginalem Geschlechtsverkehr gezwungen werden.
Obwohl viele Täter dem Opfer einreden, dass es an dem Missbrauch schuld sei oder es auch gewollt habe, stimmt dies nicht. Selbst wenn das Kind im Nachhinein gar nicht mehr sagen kann, wann und wie der Missbrauch begann, selbst wenn das Kind auch positive Gefühle zum Täter hat oder den Missbrauch aufgrund der körperlichen sexuellen Stimulation auch als erregend erlebt hat, steht ohne jeden Zweifel fest, dass die Schuld immer beim Täter liegt und nie beim Kind.
Sexueller Missbrauch schadet Kindern immer. Dabei können die Folgen sehr unterschiedlich sein, was unter anderem damit zusammenhängt, ob das betroffene Kind Unterstützung in seinem Umfeld erfährt.
Angebote für Fachkräfte
Wir unterstützen Sie in Form von Fallbesprechungen oder Teamberatungen, wenn Sie,
- in Ihrem beruflichen Umfeld einen sexuellen Missbrauch vermuten,
- von einem sexuellem Missbrauch erfahren haben,
- in Ihrer Einrichtung sexualisierte Gewalt unter Jugendlichen oder sexuelle Übergriffe unter Kindern vermuten,
- in Ihrer Einrichtung präventive Maßnahmen gegen sexualisierte Gewalt umsetzen möchten.
- Wir bieten Ihrer Einrichtung fachliche Unterstützung bei der Erstellung eines Schutzkonzeptes an.
Umgang mit Vermutungen
Wie entsteht eine Vermutung? Was können Sie tun?
„Hilferufe“ von Betroffenen können sich über vage Andeutungen, plötzliche Verhaltensänderungen oder über auffällige Verhaltensweisen zeigen. Dabei gibt es keine eindeutigen Symptome, die kausal auf sexuellen Missbrauch schließen lassen. Deshalb braucht es für die Klärung einer Vermutung oft Zeit, fachliche Unterstützung, persönliche Entlastung…
Bewahren Sie Ruhe!
Machen Sie sich klar, dass Ihr Bedürfnis, eine Vermutung so schnell wie möglich zu klären, nicht das ist, was ein betroffenes Mädchen braucht: Sie braucht Zeit, um Vertrauen zu fassen und über das sprechen zu können, was ihr geschieht. Überstürztes Handeln kann dem Mädchen oft mehr schaden als nutzen.
Bleiben Sie nicht allein!
Um einem betroffenen Mädchen zu helfen, braucht es in der Regel mehr als eine Person. Holen Sie sich z.B. Unterstützung bei Kolleg*innen, die Ihr Vertrauen genießen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.
Wenden Sie sich an eine Fachberatungsstelle!
Gemeinsam können wir überlegen, wie Ihre Vermutung einzuschätzen ist und welche Handlungsschritte sinnvoll sind. In manchen Fällen erfordert eine Kindeswohlgefährdung (§8a SGB VIII) die Einschaltung des Jugendamtes.
Achten Sie auf Ihre eigenen Grenzen!
Manchmal gibt es Grenzen oder Ängste und andere belastende Gefühle, mit denen Sie während der Abklärung einer Vermutung nur sehr schwer umgehen können. Wenn die Situation für Sie selbst zu belastend wird, sprechen Sie eine Person ihres Vertrauens an.
Vorgesetzte mit einbeziehen!
Wenn möglich sollten Vorgesetzte in die Abklärung miteinbezogen werden, damit erste Schritte von der Institution mitgetragen werden und die Verantwortung geteilt werden kann.
Das Mädchen nicht direkt mit der Vermutung auf Missbrauch konfrontieren!
Betroffene Mädchen haben ein sehr gutes Gespür für ihr Gegenüber entwickeln müssen und merken oft schnell, wenn sie gedrängt werden oder mit ständigen Fragen nachgebohrt wird. Stattdessen ist es wichtig, sich dem Mädchen immer wieder als Vertrauensperson anzubieten und zu signalisieren, dass man auch bei schlimmen Problemen da ist.
Machen Sie keine Versprechen, die Sie nicht halten können!
Sie werden für den Schutz eines Mädchens in der Regel nicht alleine sorgen können, sondern sind auf die Unterstützung durch andere Personen und Institutionen angewiesen. Wichtig für eine vertrauensvolle Arbeit mit Betroffenen ist vor allem Transparenz, d.h. alle Schritte sollen abgesprochen werden.
Sie sollten die beschuldigte Person nicht konfrontieren!
Täter und Täterinnen verleugnen in den allermeisten Fällen die Tat und zeigen wenig Einsicht. Mit einer verfrühten Konfrontation erreichen Sie deshalb unter Umständen nur, dass Betroffene noch mehr zur Geheimhaltung gezwungen werden.
Sie haben keine Pflicht zur Anzeige!
Auch wenn es wichtig ist, Täter juristisch zur Rechenschaft zu ziehen, muss immer auch die Frage gestellt werden, ob eine Anzeige für die Betroffene zum jetzigen Zeitpunkt gewollt bzw. möglich ist.
Fortbildungen
Einrichtungen aus den unterschiedlichsten Bereichen haben in den vergangenen Jahren unser Fortbildungsangebot wahrgenommen. Mit dem Thema sexuelle Gewalt können Sie z.B. als Sozialarbeiter*in, als Jugendgruppenleiter*in, als Lehrer*in, als Erzieher*in, als Trainer*in, als Tageseltern usw. konfrontiert werden.
Unsere Fortbildungen, die wir auf Anfrage gestalten, können wir ganz auf Ihren beruflichen Alltag und Ihre Fragestellungen zuschneiden.
Inhalte können z.B. sein:
- Fakten zu sexuellem Missbrauch (Formen, Häufigkeit)
- Wie erkenne ich sexuellen Missbrauch – welche Symptome gibt es?
- Wie gehe ich bei einer Vermutung vor?
- Wie mache ich Kinder und Jugendliche stark gegen sexuellen Missbrauch?
- Wie kann ich das Thema z.B. im Kindergarten oder in der Gruppe einbringen?
- Wie kann ich ein betroffenes Mädchen unterstützen?
- Welche Präventionsmöglichkeiten, – methoden gibt es für unterschiedliche Zielgruppen
Strafanzeige? Ja oder Nein?
Sie haben gehört, dass einem Kind oder einer jungen Frau sexuelle Gewalt widerfahren ist und sind der Meinung, dass sofort eine Anzeige erfolgen sollte.
Vor einer solchen Entscheidung ist es hilfreich, unterschiedliche Aspekte abzuwägen:
- Möchte die betroffene Person anzeigen?
- Ist die betroffene Person zur Zeit ausreichend stabil für ein Strafverfahren?
- Was ist die Motivation für eine Anzeige?
- Gibt es ausreichend Erinnerung zu den Taten?
- Eine Strafanzeige dient der Strafverfolgung. An erster Stelle muss es aber um den Kinderschutz gehen. Dazu sind andere Schritte nötig und möglich.
Es gibt in Deutschland keine Anzeigepflicht, wenn Sie Kenntnis über zurückliegende sexuelle Gewalt haben.
Dennoch sind Eltern und andere Bezugspersonen verpflichtet, im Missbrauchsfall Hilfe zu leisten.
Betroffene haben das Recht, sich gut darüber zu informieren, was sie in einem Strafverfahren erwartet.
Deshalb ist es hilfreich, Rat und Hilfe bei einer Fachberatungsstelle für sexualisierte Gewalt zu suchen. Sie müssen damit nicht alleine bleiben und können sich bei uns vertraulich und kostenlos beraten lassen. Gut informiert können Sie besser eine für sich passende Entscheidung fällen.
Juristische Fragen sollten bei Anwält*innen geklärt werden, die sich auf Opferrecht (Nebenklagevertretung) spezialisiert haben.